Zehn Jahre Pflegestützpunkt Region Würzburg

Erfolgsmodell der Region  

2020 lebten in der Stadt Würzburg mehr als 129.000 Menschen, davon waren 26.639 über 65 Jahre alt. Viele von ihnen leben allein. Bis 2030 werden 25 Prozent mehr Senioren für die Stadt Würzburg prognostiziert, für den Landkreis gar bis zu 50 Prozent mehr als heute. Der demografische Faktor stellt die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen. Stadt und Landkreis Würzburg haben dies erkannt und sich dem Problem frühzeitig gestellt. Be-reits 2010 wurde die Einrichtung des Pflegestützpunktes in das seniorenpolitische Gesamt-konzept aufgenommen und der Stützpunkt Region Würzburg 2011 eröffnet. Nun feierten der Bezirk Unterfranken, das Kommunalunternehmen des Landkreises und die Stadt Würzburg „das Erfolgsmodell der Region – Zehn Jahre Pflegestützpunkt“, die Festansprache hielt der Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek.

In Würzburg Vorbildliches auf den Weg gebracht
„Wir brauchen eine Revolution in der Pflege.“ Das sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek in seiner Festansprache zum zehnten Jubiläum des Pflegestützpunkts für die Re-gion Würzburg. Die Corona-Pandemie zeige wie unter einem Brennglas die Bedeutung der Pflege. In diesem Zusammenhang nannte der Minister die pflegenden Angehörigen „den größten Pflegedienst in diesem Land“. Aber auch pflegende Angehörige kämen an ihre Grenzen. Deswegen seien Pflegestützpunkte so wichtig. In Würzburg habe man vor zehn Jah-ren mit Gründung des Pflegestützpunkts Vorbildliches auf den Weg gebracht, lobte der Ge-sundheitsminister: „Bei dem komplexen Thema Pflege sind gute Beratungsstrukturen sehr wichtig. Der Pflegestützpunkt in Würzburg war einer der ersten in Bayern und hat somit ech-te Pionierarbeit geleistet. Sie sind Vorbild und Ansprechpartner auch für andere Pflegestütz-punkte, vor allem hier in Unterfranken, aber auch in ganz Bayern. Ich danke allen Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern ganz herzlich für ihre Arbeit und ihr Engagement.“ Mit Blick auf den Fachkräftemangel gerade im Gesundheitsbereich forderte Holetschek: „Wir müssen jetzt handeln, sonst steuern wir auf eine humanitäre Katastrophe zu“. In der Pandemie sah Holetschek einen Anstoß, „die Dinge zu erkennen, anzugehen und zu lösen“. Jetzt sei die Zeit, die Dinge zu ändern, sagte der Minister. Kritisch merkte er an, dass stets nur von den Ab-rechnungsmodalitäten geredet werde, „nicht von den Bedürfnissen der Menschen.“

Der Pflegestützpunkt begleitet und koordiniert
Immer mehr Angehörige stehen vor der Aufgabe, oftmals unvorbereitet, Angehörige pflegen zu müssen. Ihnen stellen sich viele Fragen. Welche Hilfen können in Anspruch genommen werden? Welche Pflegeform ist die richtige? Wo finde ich Pflegeheimplätze? Welche finan-ziellen Belastungen kommen auf die Familie zu und welche Sozialleistungen können in An-spruch genommen werden? Seit zehn Jahren unterstützt der Pflegestützpunkt Würzburg trä-gerübergreifend Betroffene, berät über verschiedene Hilfs- und Unterstützungsangebote und begleitet Angehörige in dieser oftmals schwierigen Zeit. Die Pflegestützpunkte bieten kos-tenlose Beratung zu allen Themen rund um die Pflege und stehen allen Bürgerinnen und Bürgern offen.
Mit über 13.000 qualifizierten Beratungen seit der Gründung ist der Pflegestützpunkt ein notwendiges Erfolgsmodell für die Region. Sein Team setzt sich zusammen aus qualifizierten Pflegeberaterinnen von Stadt und Landkreis, sowie deren Fachstellen für pflegende Angehö-rige und Wohnberatungsstellen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegestützpunk-tes arbeiten unabhängig und trägerübergreifend, sie bündeln umfassende Fachkenntnisse. Sie helfen den Betroffenen umfassend, sich zu orientieren und die richtige Form der Unter-stützung zu finden. Dazu wird die persönliche Situation erörtert, die medizinischen, pflegeri-schen und sozialen Hilfsangebote koordiniert, sie sind behilflich bei der Pflegeplatzsuche, geben Informationen zum barrierefreien Bauen weiter, beraten in der Wohnung vor dem barrierefreien Umbau und vieles mehr.
 
Pioniere der ersten Stunde
„Wir verdanken es den Gründungsvätern des Pflegestützpunktes, dem ehemaligen Sozialre-ferenten der Stadt Würzburg, Robert Scheller, dem Vorstand des Kommunalunternehmens des Landkreises Würzburg, Prof. Dr. Alexander Schraml, sowie Roland Lörner, dem ehemali-gen stellvertretenden Direktor der AOK-Direktion Würzburg und damaligen Errichtungsbe-auftragten, die vor dem Hintergrund der Prognosen über die zukünftige demografische Ent-wicklung die Wichtigkeit dieses kostenfreien und neutralen Beratungsangebotes in der Regi-on erkannten und mit großer Weitsicht agierten“, so Bürgermeisterin Judith Jörg in ihrem Grußwort beim Festakt. Sie erinnerte daran, dass es die Pflegestützpunkte am Anfang nicht leicht gehabt hatten. Landesweit hatte es Vorbehalte gegenüber einer Veränderung und Er-neuerung von Beratungsstrukturen gegeben, so dass die erhoffte große Gründungswelle in Bayern damals ausgeblieben sei. „In Würzburg hingegen waren wir als ‚Pioniere der ersten Stunde‘ von Beginn an davon überzeugt, dass das neue Beratungskonzept eine gute Hilfestel-lung für die Ratsuchenden sein werde und sich im Stützpunkt wertvolle Synergien zum Wohle der Pflegebedürftigen und Ihrer Angehörigen generieren ließen.“
 
„Ein echter Glücksfall für Würzburg“
Bezirkstagsvizepräsidentin Eva-Maria Linsenbreder war es beim Festakt besonders wichtig zu betonen, „dass Pflegestützpunkte Service ‚aus einer Hand‘ bieten. Hier arbeiten die gesetzli-chen Kranken- und Pflegekassen, die Landkreise und kreisfreien Städte sowie der Bezirk Un-terfranken Hand in Hand. So ist es möglich, stets optimale Lösungen zu allen denkbaren Problemen zu finden. Denn unser aller Schicksal hängt nicht von materiellen Dingen ab, son-dern davon, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen. Für mich ist der Pflegestützpunkt Würzburg ein echter Glücksfall!“ sagte Linsenbreder.
„Im Hinblick auf den demografischen Wandel, eine weiter steigende Lebenserwartung und den hohen Anteil von Singlehaushalten in Würzburg und der Region ist der Pflegestützpunkt eine absolut notwendige Informations-, Beratungs- und Vernetzungsstelle für die Gegenwart und die Zukunft der Menschen“, bestätigte Würzburgs Sozialreferentin Dr. Hülya Düber. „Der demografische Wandel darf uns nicht vor unlösbare Probleme stellen. Das Beispiel Pflegestützpunkt zeigt, dass rechtzeitige, vorausschauende Planung genau der richtige Weg ist. Im Pflegestützpunkt wird aktiv die Zukunft gestaltetet – mit großem Weitblick.“
„Die Stadt und der Landkreis Würzburg haben die Lage bereits vor über zehn Jahren recht-zeitig erkannt und mit der Einrichtung des Pflegestützpunktes eine richtige Entscheidung getroffen“, sagt Oberbürgermeister Christian Schuchardt, und Landrat Thomas Eberth fügt hinzu: "Der demografische Wandel schlägt gnadenlos zu, und Hilfestellungen in allen Lebens-lagen sind daher immens wichtig. Deshalb darf eine wirklich zeitgemäße und hilfreiche ge-meinsame Einrichtung von Stadt und Landkreis Würzburg und dem Bezirk Unterfranken heu-te zehnten Geburtstag feiern! Denn: Es kann jeden von uns treffen, dass Angehörige plötzlich pflegebedürftig werden. Oft muss man unvorbereitet weitreichende Entscheidungen treffen, und dabei ist eine unabhängige Beratung des Pflegestützpunktes eine elementare Hilfe. Mit ihrer zehnjährigen Erfahrung können die Expertinnen und Experten des Pflegestützpunktes den Betroffenen gezielt weiterhelfen, Ängste nehmen und die richtigen Wege zu den Unter-stützungsangeboten weisen. Ich danke allen, die sich bei diesem wichtigen Serviceangebot für unserer Bürgerinnen und Bürger engagieren."
 
Eine Säule für die Zukunft
Die Herausforderungen aber sind vielfältig: Die Zukunft wird noch mehr Pflegebedürftige bringen, aber auch die Daseinsvorsorge für Seniorinnen und Senioren wird an ihren Wohnor-ten flächendeckend eingerichtet werden müssen. Es gilt, bis in die Landkreise hinein, Ver-sorgungsstrukturen für Seniorinnen und Senioren in ihren Wohnquartieren aufzubauen und in allen Lebenslagen zu helfen. Das Angebot des Pflegestützpunktes passt sich dem an und konnte in den letzten zehn Jahren kontinuierlich mit innovativen Konzepten weiterentwickelt werden. So ist ein tragendes Beratungs-Netzwerk entstanden. In diesem Netzwerk wird der Kontakt zu allen Akteuren, die in der pflegerischen Versorgung in der Region aktiv sind, kon-tinuierlich ausgebaut. Durch diesen gemeinsamen Dialog und Erfahrungsaustausch konnte der Pflegestützpunkt großflächig die bestehenden Bedenken ausräumen und wird heute nicht als Konkurrenz, sondern als wichtiger Partner gesehen.
„Für eine zukunftsorientierte Ausrichtung hat sich der Pflegestützunkt seit 1. Juli dieses Jah-res konzeptionell neu ausgerichtet und sein Angebot noch flexibler gestaltet“, berichtet Prof. Dr. Alexander Schraml, Vorstand des Kommunalunternehmens des Landkreises Würzburg. Aus dem von Bezirk Unterfranken und Stadt und Landkreis Würzburg gemeinsam betriebe-nen Stützpunkt in der Bahnhofstraße 11 heraus, werden der Landkreis und die Stadt Würz-burg das Beratungsangebot sozialraumorientiert weiter in die Fläche tragen. „Gleichzeitig ist dies ein weiteres Beispiel für gut funktionierende interkommunale Zusammenarbeit“, so Schraml weiter. „So bietet der Landkreis Würzburg nun, zum Beispiel in der Main Klinik Och-senfurt und in Landkreisgemeinden Beratungsstunden an.“ Die Stadt Würzburg wird die Be-ratung des Pflegestützpunktes in die Quartiere ausrollen und führt in verschiedenen Stadttei-len, wie am Heuchelhof oder in der Lindleinsmühle, Sprechstunden durch. Mit diesem neuen Angebot können die Bürgerinnen und Bürgern noch niedrigschwelliger direkt vor ihrer Haus-türe erreicht werden und eventuelle Zugangshürden – gerade für die Gruppe der Hochbe-tagten – weiter abgebaut werden.

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